Aktuelles


erfolgreiche Klage einer Mutter gegen Landkreis auf Zahlung von Verdienstausfall

Das Landgericht Potsdam verurteilte den Landkreis Teltow-Fläming als örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit Urteil vom 10.02.2023 zur Zahlung von Schadensersatz in Form von Verdienstausfall in Höhe von 9.738,64 € zuzüglich Zinsen gemäß § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG wegen Verletzung der Pflicht, einem Kind einen Platz in der Kindertagesbetreuung nachzuweisen. Die Klägerin, als Mutter des Kindes, machte geltend, aufgrund verspäteten Nachweises eines Platzes für ihr Kind ihre Elternzeit verlängert haben zu müssen und so einen Verdienstausfall in der ausgeurteilten Höhe gehabt zu haben. Dem Kind war ein Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung im Umfang von 40 Stunden wöchentlich beschieden worden. Der Landkreis hatte dem Kind jedoch lediglich einen Betreuungsplatz bei einer Kindertagespflegeperson nachgewiesen, welche Betreuung nur in der Zeit von 7:00 bis 15:00 Uhr anbietet. Dabei stritten die Parteien über die Frage, inwieweit dies für das Kind bedarfserfüllend sein kann, denn die Eltern sind als Medizinische Fachangestellte in der Anästhesie und als Polizist beide in Vollzeit an unterschiedlichen Orten und mit unterschiedlichen Arbeitszeiten berufstätig. Der Landkreis trug in dem Prozess unter anderem vor, dass nicht ersichtlich sei, dass die Eltern ihre Arbeitszeiten nicht anders hätten planen und gegebenenfalls durch eine Versetzung auf einen anderen Dienstposten nicht auch hätten anpassen können, um den nachgewiesenen Betreuungsplatz annehmen zu können. Dem folgte das Gericht jedoch nicht und verneinte eine Obliegenheit der Kindeseltern, den familiären Bedarf einem nicht an allgemein üblichen Arbeitszeiten orientierten Betreuungsangebot anzupassen (LG Potsdam, Urteil vom 10.02.2023, Az.: 4 O 242/21).

Das Urteil ist rechtskräftig.


Rechtslage zum Nachweis eines Kita-Platzes - lassen Sie das Jugendamt mit suchen!

 

Eltern im Land Brandenburg gehen bei der Suche nach einem Kita-Platz für ihre Kinder oft davon aus, sich nur an die Gemeinde wenden zu müssen. Oft ist dies mit dem Irrtum verbunden, dass die Gemeinde für den Nachweis eines Platzes verantwortlich sei. Verstärkt werden kann ein solcher Irrtum noch dadurch, dass zuvor die Gemeinde den Rechtsanspruch des Kindes auf Kindertagesbetreuung beschieden hat.

 

Auch wenn der Weg über die Gemeinde oft der direkte Weg zum Ziel sein kann, darf dabei nicht übersehen werden, dass nach § 12 KitaG der Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt als Jugendamt bzw.  örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe dafür verantwortlich ist, dem Kind einen Platz nachzuweisen. In der Praxis unternehmen Gemeinden und Landkreise nicht viel dafür, Eltern hierüber aufzuklären. Vielmehr führt die Verwaltungspraxis in vielen Gemeinden und Landkreisen dazu, dass Irrtümer über die Verantwortlichkeiten und das Verfahren noch verstärkt werden. Einige Gemeinden teilen über einen sogenannten „Ablehnungsbescheid“ mit, dass in ihren Einrichtungen keine Plätze vorhanden seien und erwecken so den Eindruck, Eltern hielten damit zumindest einen rechtsmittelfähigen Bescheid der ihnen gegenüber verantwortlichen Behörde in den Händen. Das ist jedoch nicht der Fall. Auf der anderen Seite teilen Jugendämter den Eltern unverhohlen und entgegen höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2017, Az. 5 C 19.16) mit, für den Nachweis eines Platzes nicht verantwortlich zu sein. Die Möglichkeit der Betreuung des Kindes in einer Einrichtung eines freien Trägers der Jugendhilfe und die Möglichkeit, dass das Jugendamt einen Platz in einer solchen Einrichtung eines freien Trägers theoretisch auch nachweisen kann, wird dabei meist generell verschwiegen.

 

Erschwert wird die Situation dadurch, dass es zwischen Gemeinden und Landkreisen oft öffentlich-rechtliche Verträge gibt, in denen intern die Zuständigkeiten abweichend vom Gesetz geregelt werden. Im Verhältnis zu den Eltern entfachen diese öffentlich-rechtlichen Verträge jedoch keine Wirkung, sodass der Anspruch auf Nachweis eines Kitaplatzes in jedem Fall gegenüber dem Jugendamt geltend gemacht werden kann.

 

Es ist daher ratsam, sich bei der Platzsuche in jedem Fall (auch) an das Jugendamt zu wenden. Oft heißt es nämlich später bei der möglichen Frage, ob mangels Nachweises eines Betreuungsplatzes ein Verdienstausfall geltend gemacht werden kann, von Seiten des Jugendamtes, man sei zu keiner Zeit über den Platzbedarf informiert worden.

 

Prüfen Sie daher die Zuständigkeiten genau. Bei Zweifeln können wir Sie zu dem Thema gerne beraten.


Kita-Beiträge nach dem SGB VIII bei freien Trägern jetzt privatrechtliche Verhandlungssache?

Zu der Frage, wie im Land Brandenburg Elternbeiträge zu kalkulieren sind, gibt es vielfältige Rechtsauffassungen. Insbesondere die Frage, ob und inwieweit Zuschüsse der öffentlichen Hand, die einem Träger zur Deckung von Personal-, Grundstücks- und Gebäudekosten gewährt werden, bei der Berechnung der Elternbeiträge abgezogen werden müssen, ist Gegenstand vieler Rechtsstreitigkeiten. So klar, wie z.B. die gesetzliche Vorschrift in § 16 Abs. 3 Kindertagesstättengesetz (KitaG) zu letztgenannten Kosten für einige bedeuten mag, dass die Pflicht zur Kostentragung eindeutig der Gemeinde zugewiesen ist

 

(„Die Gemeinde stellt dem Träger einer gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 erforderlichen Kindertagesstätte das Grundstück einschließlich der Gebäude zur Verfügung und trägt die bei sparsamer Betriebsführung notwendigen Bewirtschaftungs- und Erhaltungskosten für Gebäude und Grundstücke.“),

  

so klar sieht dementgegen das OVG Berlin-Brandenburg, dass diese Kosten jedenfalls bei kommunalen Trägern auf die Eltern umgelegt werden dürfen. Auf dieser Rechtsauffassung beharrt das OVG nicht ganz ohne Stolz nun bereits seit gut drei Jahren und fügte der anfangs dünnen Begründung im Laufe der Zeit immer wieder neue Argumente hinzu, warum das Gesetz an dieser Stelle nicht so zu verstehen sein soll, wie es sich nach dem Wortlaut liest. Allein, eine daraus erwachsende erhebliche Frage, ob dies auch für freie Träger gelten kann, die die ihnen nach diesem Gesetz bereits von der Gemeinde erstatteten Kosten dann ein zweites Mal auch gegenüber den Eltern geltend machen würden, konnte das OVG Berlin-Brandenburg nicht beantworten. Eine Unterscheidung zwischen freien und kommunalen Trägern bei der Berechnung der Elternbeiträge ist dem KitaG jedenfalls nicht zu entnehmen.

 

Hier zeichnete sich nun jedoch offenbar Schützenhilfe des 11. Senats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts ab, das als Berufungsinstanz für Rechtsstreitigkeiten zuständig ist, die die Erhebung von Elternbeiträgen durch freie Träger betreffen. Das OLG führte nämlich in einem Urteil vom 01.04.2020 zu einem Betreuungsvertrag mit einem freien Träger aus:

 

„Da die Prozessparteien ihre Beziehungen privatrechtlich ausgestaltet haben, was ihnen – anders als kommunalen Trägern von Kindertagesstätten (Gemeinden oder Gemeindeverbänden), die die Benutzung wahlweise öffentlich-rechtlich regeln können […] allein möglich war, gilt in ihrem Verhältnis – gemäß dem Grundsatz der Privatautonomie, einem Eckpfeiler der Privatrechtsordnung, der unter anderem die Vertragsfreiheit und damit nicht nur die Abschluss-, sondern auch die Inhalts- und Gestaltungsfreiheit gewährleistet […] – prinzipiell, was sie vereinbart haben und woran sie nach dem Grundsatz der Vertragstreue (pacta sunt servanda) gebunden sind.“

 

und

 

„Denn bei Verträgen der vorliegenden Art steht - anders als etwa bei Kapitalanlagegeschäften, die regelmäßig darauf gerichtet sind, mit möglichst geringem finanziellen Einsatz einen hohen Ertrag (zum Beispiel für die Altersvorsorge) zu erwirtschaften – eindeutig im Mittelpunkt, ob und wo die bestmögliche individuelle Betreuung und Förderung des jeweiligen Kleinkindes gewährleistet ist.“

 

(OLG Brandenburg, Urteil vom 01.04.2020, Az. 11 U 187/18)

 

Dieser neuen Erkenntnis, wie sich die Mittelpunkte der Kindertagesbetreuung und der Kapitalanlagegeschäfte voneinander unterscheiden, folgend, urteilte das OVG Berlin-Brandenburg nun sinngemäß, dass ein Widerspruch seiner Rechtsprechung zur Berücksichtigung bei Grundstücks- und Gebäudekosten in den Elternbeiträgen für kommunale Einrichtungen gegenüber den Elternbeiträgen bei freien Trägern nicht vorläge, da freie Träger keine Kalkulation erstellen müssten, wie es bei kommunalen Trägern der Fall sei:

 

 „[…] Sie (die Argumentation einer unzulässigen Doppelfinanzierung, Anm. d. Verf.) beruht auf der Annahme, dass freie Kitaträger zur Legitimation der den Eltern abverlangten Betreuungsentgelte eine den öffentlichen Kitaträgern vergleichbare Kostenkalkulation erstellen müssen. Diese Annahme ist unzutreffend.“

 

und

 

„Aus öffentlich-rechtlichen Bestimmungen betreffend die Finanzierung der Kindertagesbetreuung lassen sich keine Beschränkungen entnehmen, die es ausschließen, dass sich die Partner eines privaten Betreuungsvertrags untereinander einvernehmlich auf die Höhe des Elternbeitrages für einen bestimmten Zeitraum verständigen.“

 

(OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.01.2021, Az. 6 B 9/20)

 

Letzteres ist insoweit bemerkenswert, als sich das OVG Berlin-Brandenburg, ohne dafür prozessual überhaupt zuständig zu sein, dazu ermächtigt sieht, aufgrund seiner eigenen Argumentationslücken im Hinblick auf kommunale Träger kurzerhand die Vorgaben des KitaG zur Erhebung der Elternbeiträge für freie Träger in Frage zu stellen.

 

Es wird sich zeigen müssen, ob das OLG Brandenburg in Zukunft diesen Ball wiederum annehmen wird und seinerseits bekräftigen wird, dass bei Betreuungsverträgen freier Träger die Vertragsfreiheit und nicht das KitaG gilt. Dann hieße es für die Eltern, die Elternbeiträge entweder zu verhandeln, sich eine (andere) Einrichtung ihrer Wahl zu suchen oder die Suche gleich dem Jugendamt zu überlassen, das für die Gewähr des Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung nach dem Gesetz verantwortlich ist. Wo die Grenzen der Vertragsfreiheit bei Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch sein sollen, lassen die Gerichte leider ebenso offen wie die Frage, wo sie die freien Betreuungsplatz-Kapazitäten für die privatautonome Kita-Wahl ausgemacht haben. Es bleibt zu hoffen, dass die anderen Senate am Brandenburgischen Oberlandesgericht die Sache anders beurteilen. Anzeichen hierfür gab es bereits bei vier Senaten. Auch die Berliner Rechtsprechung ist bei diesem Thema anderer Auffassung. Hier wurde in drei rechtskräftigen Entscheidungen geurteilt, dass die Kalkulationsvorgaben nach dem Brandenburger KitaG bei der Ermittlung der Elternbeiträge auch für freie Träger gelten.

 

(vgl. LG Berlin, Urteil vom 14.07.2020, Az. 15 O 11/19; LG Berlin, Urteil vom 29.08.2019, Az. 33 O 36/18; AG Schöneberg, Urteil vom 29.11.2018, 20 C 406/18)

 


DRK-Landesverband Brandenburg veröffentlicht Muster einer Elternbeitragsordnung und Empfehlungen zur Berechnung der Beiträge

Aufgrund aktueller Gesetzesänderungen mussten und müssen Träger Brandenburger Kindertagesstätten ihre Beitragsordnungen an die neue Rechtslage anpassen. Der DRK-Landesverband Brandenburg e.V. hat in Zusammenarbeit mit der Kanzlei Christian Gottschling eine Elternbeitragsordnung, dazugehörige Musterbeitragstabellen sowie einen Leitfaden zur Berechnung der Beiträge erstellt und als Unterstützung für andere Träger veröffentlicht:

 

https://www.drk-brandenburg.de/angebote/kinder-jugend-und-familie/kindertagesbetreuung/

 

Da sich die Elternbeiträge in Brandenburg gemäß § 17 Abs. 2 S. 3 KitaG nach den rechnerischen Betriebskosten der Kindertagesstätten eines Einrichtungsträgers in der Gemeinde richten, dienen die veröffentlichten Unterlagen als Orientierung für den Textteil einer Beitragsordnung sowie für die Berechnung und Staffelung der Beiträge. Die Höchstbeiträge für Krippe, Kita und Hort muss jeder Träger individuell für sich nach seinen Kosten und Zuschüssen ermitteln.


LG Berlin: Keine Umlage von Grundstücks- und Gebäudekosten auf Elternbeiträge

Das Landgericht Berlin hat in einem Urteil vom 14.07.2020, Az. 15 O 11/19 entschieden, dass ein freier Kita-Träger Kosten für Grundstück und Gebäude einschließlich Bewirtschaftung und Erhaltung nach dem KitaG des Landes Brandenburg nicht auf Elternbeiträge umlegen darf. § 16 Abs. 3 KitaG regelt, dass für die Finanzierung dieser Kosten die Gemeinde verantwortlich ist. In Brandenburg ist es jedoch übliche Praxis, dass Kita-Träger diese Kosten auf die Elternbeiträge umlegen. Das Landgericht Berlin sieht darin - ebenso wie das Verwaltungsgericht Potsdam - eine unzulässige Kostenüberdeckung bzw. Doppelfinanzierung und verurteilte einen Kita-Träger zur Rückzahlung der Elternbeiträge an die Eltern in entsprechender Höhe. Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Nachdem das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 24.09.2019, Az. OVG 6 B 6.18 klargestellt hat, dass ein Kita-Träger im Hinblick auf die Finanzierung der Grundstücks- und Gebäudekosten einen bedingungslosen Anspruch gegen die Standortgemeinde hat, konnte es nur die logische Konsequenz sein, dass ein freier Träger mit diesen Kosten nicht auch noch die Eltern belasten darf. Dies war in der Vergangenheit jedoch umstritten, da das OVG Berlin-Brandenburg gleichzeitig urteilte, dass zumindest gemeindliche Träger berechtigt seien, diese Kosten auf Elternbeiträge umzulegen. Einige Gemeinden und Träger wollten daraus ableiten, dass dies auch für freie Träger gelte. Mit dem nun vom Landgericht Berlin vorliegenden Urteil wird jedoch endlich klargestellt, dass freie Träger nicht dazu berechtigt sind, Kosten für Grundstück und Gebäude auf Eltern abzuwälzen.


Entschädigung für verdienstausfall wegen kinderbetreuung

Eltern, die ihre Kinder aufgrund von Corona-bedingter Schul- oder Kitaschließung zu Hause betreuen müssen, haben nun einen Entschädigungsanspruch bei Verdienstausfall. Bisher gab es nach § 616 BGB nur die generelle Möglichkeit, einen Anspruch auf Lohnfortzahlung gegen den Arbeitgeber geltend zu machen, wenn der Arbeitnehmer mangels anderer Betreuungsmöglichkeiten die Kinder unverschuldet selbst betreuen muss und daher nicht arbeiten kann. Dies gilt jedoch nur "für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit", worunter meist nur wenige Tage verstanden werden. 

 

Für die mit der Corona-Pandemie verbundenen angeordneten Schul- und Kitaschließungen hat der Gesetzgeber nun aber in § 56 Abs. 1a des Infektionsschutzgesetzes geregelt, dass ein Erstattungsanspruch in Höhe von 67 Prozent des dem erwerbstätigen Sorgeberechtigten entstandenen Verdienstausfalls bis zu sechs Wochen gewährt wird. Für einen vollen Monat wird höchstens ein Betrag von 2.016 Euro erstattet. Voraussetzung ist, dass das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet und keine andere zumutbare Betreuungsmöglichkeit hat. Altersunabhängig gilt dies auch für behinderte Kinder, die auf Hilfe angewiesen sind. Schließzeiten, die es ansonsten auch ferienbedingt gibt, sind von der Regelung ausgenommen.

 

Arbeitnehmer erhalten die Entschädigung von ihrem Arbeitgeber, der diese wiederum bei der zuständigen Behörde geltend macht. Selbständige müssen die Erstattung direkt bei der Behörde beantragen.


Kurzarbeit, ZwangsurlauB, ABBAu von Überstunden?

Aktuell stellt sich vielen Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Frage, ob zur Anpassung an geänderte Auftragslage Kurzarbeit, Erholungsurlaub und/oder Abbau von Überstunden angeordnet werden können. Im Hinblick auf einen möglichen Anspruch auf Kurzarbeitergeld stellt sich zudem die Frage, ob vor Kurzarbeit nicht sogar auch Erholungsurlaub und/oder Abbau von Überstunden zur Vermeidung des Arbeitsausfalls angeordnet werden müssen. 

 

Kurzarbeit, d.h. die Reduzierung der Arbeitszeit bis auf Null bei Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 oder 67 % des Nettoeinkommens (§ 105 SGB III) für die entfallene Arbeitszeit, kann zunächst nicht einseitig angeordnet werden, sondern muss vertraglich oder über eine Betriebsvereinbarung (§ 77 BetrVG) vereinbart worden sein. Verweigert der Arbeitnehmer auf einseitige Anordnung des Arbeitgebers die Kurzarbeit, ist dies auch kein Kündigungsgrund. Jedenfalls wird sich der Arbeitgeber nicht ohne weiteres darauf berufen können, eine Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Der Umstand, dass Kurzarbeit angeordnet wird, ist vielmehr als Indiz dafür anzusehen, dass die nachhaltige Prognose eines dauerhaften Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit eben nicht möglich ist. 

 

Soviel zur Theorie. Praktisch kann Kurzarbeit aber die einzige Möglichkeit zur Sicherung von Arbeitsplätzen bzw. des Arbeitsplatzes sein, so dass die mit der Kurzarbeit verbundenen Einkommenseinbußen für den Arbeitnehmer bei Interesse an langfristiger Weiterbeschäftigung im Betrieb das kleinere Übel sein sollten. 

 

Die Frage, ob arbeitgeberseitig zur Vermeidung von Arbeitsausfall, insbesondere vor Übergang zur Kurzarbeit einseitig Urlaub angeordnet werden kann, lässt sich ebenfalls nicht klar zum Vorteil der einen oder anderen Seite beantworten. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Erholungsurlaub. Der Wortlaut legt hier schon die Vermutung nahe, dass es nicht uneingeschränkte betriebsbedingte Gründe sein können, die dem Arbeitgeber das Recht geben, zu entscheiden, wann sich der Arbeitnehmer zu erholen hat. Rechtlich ist es daher auch so, dass die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs zu berücksichtigen sind (§ 7 Abs. 1 BUrlG). Anders soll es nach dem Gesetz sein können, wenn der Berücksichtigung dringende betriebliche Belange entgegenstehen. Auch hier ist es so, dass eine geänderte Auftragslage nicht ohne weiteres ein dringender betrieblicher Grund ist, der dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers entgegensteht, denn das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb betreiben zu können, kann nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden. 

 

Gegebenenfalls wird sich die Frage stellen, wie viel Urlaub der Arbeitgeber anzuordnen berechtigt ist. Hier dient als Orientierung die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach in einem Fall eine Anordnung, nach der noch 2/5 des Jahresurlaubs verblieben, als verhältnismäßig erkannt wurde (BAG, Urteil vom 28.07.81, Az: 1 ABR 79/92).  


Landgericht Berlin verurteilt Kita-Träger zur Rückzahlung von Elternbeiträgen

Dem Landgericht Berlin lag ein Fall zur Entscheidung vor, in dem ein Träger einer Potsdamer Kindertagesstätte Elternbeiträge nach Vorgabe der kommunalen Beitragssatzungen der Landeshauptstadt Potsdam für die Kindertagesbetreuung erhoben hatte. Der Träger hatte mit den Eltern die Einbeziehung dieser Beitragsordnungen in die Betreuungsverträge vereinbart, zu Unrecht, wie das Gericht urteilte. Nach der Urteilsbegründung war die vertragliche Einbeziehung einer Beitragsordnung an den Vorschriften zu allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. an § 307 BGB zu messen. Da die einbezogenen Beitragsordnungen rechtswidrig ermittelte Beitragstabellen aufwiesen – von den Platzkosten hatte man bei der Beitragskalkulation nicht die maßgeblichen Personalkostenzuschüsse des Jugendamts nach § 16 Abs. 2 KitaG abgezogen – war die Einbeziehung der Beitragsordnungen in den Vertrag wegen unangemessener Benachteiligung der Eltern unwirksam (LG Berlin, Urteil vom 29.08.2019, Az. 33 O 36/18).

AG Potsdam bestätigt Rechtsprechung zur geschwisterkindermäßigung bei Elternbeiträgen

Das Amtsgericht Potsdam hat in einem von uns erstrittenen Urteil erneut über die Auslegung der Kita-Satzung der Landeshauptstadt Potsdam vom 01.01.2016 im Hinblick auf die Regelung zur Geschwisterkindermäßigung entschieden (zur damaligen Entscheidung siehe Beitrag vom 26.01.2018). Zu Gunsten der Eltern legte das Gericht die Regelung der Satzung

 

„Haben Zahlungsverpflichtete mehrere unterhaltsberechtigte Kinder verringert sich der Elternbeitrag ausgehend von der Elternbeitragstabelle für Eltern mit einem Kind (Anlage) um jeweils 20 Prozent pro Kind.“

 

nun auch in einem Verfahren gegen einen anderen Träger so aus, dass für jedes Kind und somit auch für das Kind, auf das sich der Betreuungsvertrag bezieht, 20 % Ermäßigung von den Elternbeiträgen abzuziehen sind. Im vorliegenden Fall hatte das Gericht damit festgestellt, dass bei vier unterhaltsberechtigten Kindern 80 % von den Grundbeiträgen für das betreute Kind abzuziehen sind. Antragsgemäß hatte das Gericht den Träger der Einrichtung daher verurteilt, die Differenz zu den ursprünglich erhobenen Beiträgen an die Eltern zu zahlen (AG Potsdam, Urteil vom 20.02.2019, Az. 20 C 406/18).

Gericht verurteilt träger potsdamer kindertagesstätten zur erstattung zu viel gezahlter elternbeiträge

Das Amtsgericht Schöneberg hatte über eine von unserer Kanzlei erhobene Klage Potsdamer Eltern zu entscheiden, die von dem Träger einer Potsdamer Kindertagesstätte Rückzahlung zu viel gezahlter Elternbeiträge forderten. Antragsgemäß verurteilte das Gericht den Träger mit der Begründung, dessen vertragliche Beitragsregelung (die Erhebung der Elternbeiträge nach der jeweils gültigen Gebührenordnung der Stadt Potsdam) sei nicht mit den Grundgedanken des § 17 Kindertagesstättengesetz (KitaG) zu vereinbaren. Der Träger habe nicht darlegen können, dass bei Kalkulation der Elternbeiträge mindestens die gemäß § 16 Abs. 2 KitaG in Abzug zu bringenden öffentlichen Zuschüsse auch tatsächlich abgezogen worden sind. Dies habe zur Folge, dass die Beitragsregelung des Trägers nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam sei. Demgemäß urteilte das Gericht, dass der Träger die von den Klägern geltend gemachten Elternbeiträge aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung zu erstatten hat (AG Schöneberg, Urteil vom 29.11.2018, Az. 9 C 251/17).